Hans Wolfshaut auf der Jagd

In der mir eigenen Verspätung greife ich ein Thema auf, das Blogosphäre und angrenzende Universen in den letzten Tage stark bewegte.

Zu den Firmen, die ihre Anwälte Geld mit Abmahnungen verdienen lassen, gehört auch der Funktionskleidungshersteller Jack Wolfskin.

Die Anfänge der Firma liegen einige Jahre zurück, 1981 gestartet in einem sich gerade formierenden Outdoor-Markt, der zu dieser Zeit noch den Charme der Aussteiger und Alternativen atmete.
Dies dürfte auch einer der Gründe gewesen sein, warum die taz in ihren Gründungsjahren großzügig über die Verwendung eines ihrer tazze sehr ähnlich sehenden Logos hinweg sah.
Zudem dürfte zu vermuten sein, daß die damalige taz-Generation die Registrierung ihres Logos als Marke aus ideologischen Gründen abgelehnt hätte. Was sich Jahre später als Fehler herausstellte. Aus der kleinen Firma, die für eine Alternativszene funktionelle Jacken, Schuhe und Rucksäcke produzierte (und durchaus ähnliche Zielgruppen bediente, es gab Ende der achtziger Jahre sogar Kooperationen), war ein Schwergewicht in einem großen Markt für Funktionskleidung geworden. Es gehört ins Reich der Spekulation, ob sich Jack Wolfskin anders verhalten hätte, hätte der Firmengründer nicht verkauft, aber 1995, als man bereits der US-amerikanischen Firma Johnson Outdoors gehörte, strengte Jack Wolfskin eine Klage gegen die taz an, wegen widerrechtlicher Verwendung ihres seit 1982 geschützten Logos.

2002 verlor die taz den ersten Prozeß, verwendete daraufhin die tazze nur noch in Verbindung mit einem Schriftzug, was ihr nach einem Urteil im Jahre 2007 für alle Produkte, die Jack Wolfskins Kernsegment berühren könnten, ebenfalls untersagt wurde.
Da gehörte die Firma allerdings schon lange zum Operationsgebiet der Private-Equity-Gesellschaften. Moralische Skrupel dürfen wir dort also auch nicht mehr erwarten, wo es per definitionem ja ausschließlich um Gewinnmaximierung geht (wogegen ich nichts sagen will, es ist ein mögliches Geschäftsmodell, es kennt aber eben keine anderen Grenzen als juristische, Argumente, die auf Anstand oder moralische Integrität zielen, vollkommen wirkungslos macht).
Und so überrascht es nicht, daß seit einiger Zeit nun die Outdoor-Firma ihr Operationsgebiet in Sachen Durchsetzung ihres Markenanspruches erweitert hat. In endlosen Abmahnwellen wird inzwischen wohl alles abgemahnt, was Pfoten hat. Unabhängig davon, von welchen Tieren die stammen.
Wirklich Aufsehen erregte das alles aber erst, als tatsächlich Mitglieder einer Strick- und Häkelcommunity abgemahnt wurden. Die ganze Geschichte dazu hier.

Für mich persönlich ist Jack Wolfskin ja bereits seit der taz-Geschichte gestorben, weil ich eine Firma, die derart unkollegial, um es mal vorsichtig zu formulieren, vorgeht, nicht unterstützen möchte. Es bleibt abzuwarten, ob das Gebahren dieser Firma nun so viele vom weiteren Kauf abhält, daß man auf den sicher einträglichen Geschäftszweig der Abmahnungen verzichtet. Bisher deutet jedoch nichts darauf hin, wie Johnny Häusler auf Spreeblick noch einmal verdeutlicht.

Unabhängig von dieser ganzen Geschichte finde ich es aber höchst bedenklich, daß es möglich ist, eine nur minimal stilisierte Pfote derart als Marke zu schützen, daß jeder Abdruck jeder beliebigen Tierpfote illegal wird. Falls noch jemand praktische Beispiele zur Verdeutlichung der Problematik der DNA-Patentierung brauchte, hier hat er eins. Es bedarf nur wenig Phantasie, sich auszumalen, was passiert, wenn wir hier nicht nur über aufgenähte Katzenpfotenabdrücke reden.

Peinlich wird übrigens Verhalten wie das hier von Jack Wolfskin,die sich weigerten, Angaben über die Abreitsbedingungen in ihren Produktionsstätten zu machen (aber selbstverständlich nur hochwertig hergestellte Produkte verkaufen), geschilderte, wenn gleichzeitig so getan wird, als sei man geradezu eine moralische Anstalt, die nichts sehnlicher wünscht, als ihren Profit für den Fortschritt der Gesellschaft einzusetzen (dafür sind Private-Equity-Gesellschaften ja auch berühmt).

Und genau dazu kommentiert heute der Hausheilige:

Man verstehe nicht falsch. Die unbeabsichtigten kulturellen Wirkungen eines großen Handels wird niemand leugnen, aber es ist nicht wahr, daß der Kaufmann auch nur im Traum daran denkt, Kultur oder auch nur Zivilisation zu verbreiten. Verdienen will er – und widerlich ist nur, daß er’s nicht sagt.

aus: Kunst und Kaufmann. in: Werke und Briefe: 1913. Tucholsky: Werke, Briefe, Materialien, S. 9131 (vgl. Tucholsky-DT, S. 59) (c) Rowohlt Verlag http://www.digitale-bibliothek.de/band15.htm

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