Rosen auf den Weg gestreut
Ihr müßt sie lieb und nett behandeln,
erschreckt sie nicht sie sind so zart!
Ihr müßt mit Palmen sie umwandeln,
getreulich ihrer Eigenart!
Pfeift euerm Hunde, wenn er kläfft :
Küßt die Faschisten, wo ihr sie trefft!Wenn sie in ihren Sälen hetzen,
sagt: »Ja und Amen aber gern!
Hier habt ihr mich schlagt mich in Fetzen!«
Und prügeln sie, so lobt den Herrn.
Denn Prügeln ist doch ihr Geschäft!
Küßt die Faschisten, wo ihr sie trefft.Und schießen sie : du lieber Himmel,
schätzt ihr das Leben so hoch ein?
Das ist ein Pazifisten-Fimmel!
Wer möchte nicht gern Opfer sein?
Nennt sie: die süßen Schnuckerchen,
gebt ihnen Bonbons und Zuckerchen . . .
Und verspürt ihr auch
in euerm Bauch
den Hitler-Dolch, tief, bis zum Heft :
Küßt die Faschisten, küßt die Faschisten,
küßt die Faschisten, wo ihr sie trefft !
in: Werke und Briefe: 1931. Tucholsky: Werke, Briefe, Materialien, S. 8324-8325
(vgl. Tucholsky-GW Bd. 9, S. 162-163)
Ich verbinde diesen Text seit Jahren mit Frank Böttcher, der am 7. Februar 1997 in Magdeburg-Olvenstedt ermordet wurde.
Seinerzeit leitete ich das Büro der LandesSchülerVertretung in Halle und solange ich in dieser Position war, hing der Text des Hausheiligen samt Verweis auf das Geschehen auch dort. Andere brachten ihre Hilflosigkeit deutlicher zum Ausdruck.
Kästner meinte einmal über Tucholsky: “Ein kleiner dicker Berliner, der mit der Schreibmaschine eine Katastrophe aufhalten wollte.” Nicht jedem liegt der Pflasterstein als Ausdrucksmittel seiner politischen Überzeugung. Im Zweifel bin ich allerdings, ob ich ihn jederzeit für illegitim halten soll. Aber das führt hier und heute zu weit und weg vom Eigentlichen.
Denn wir sind immer noch keinen Schritt weiter. Weder seit 1997, noch seit 1931.
Denn welchen Weg auch immer wir gehen wollen, seien es Pflastersteine oder Schreibmaschinen, es bleibt dabei:
Deutschland! hast du eine Lammsgeduld!
Läßt dir heute nach diesem allen
Frechheit von Metzgergesellen gefallen?
Lern ihre eiserne Energie!
Die vergessen nie.
Die setzen ihren verdammten Willen
durch im lauten und im stillen
Kampf, und sie denken nur an sich.
Deutschland! wach auf und besinne dich!Nur einen Feind hast du deines Geschlechts!
Der Feind steht rechts!
aus: Preußische Presse. in: Werke und Briefe: 1919. Tucholsky: Werke, Briefe, Materialien, S. 1341-1342 (vgl. Tucholsky-GW Bd. 2, S. 109)
Ein Kommentar zu „In Memoriam Frank Böttcher“