Leipzig-Lübeck 2010 (2) – Die Sirene von Walternienburg

Location:: Walternienburg
Kilometerstand: 105,54 km
Fahrzeit: 5:06:31 h
Tagesschnitt: 20,89 km/h
Reisezeit: 7:20 h

In Walternienburg jibbet kein Netz. Auf FreeWLAN brauchte man ja nicht hoffen, aber auch Eplus stößt hier an die Grenzen. Überhaupt BASE. Dieses Drama bedarf noch eines Extrabeitrags, den ich zu gegebener Zeit nachreichen werde.
Der zweite Teil der heutigen Etappe hinterließ erwartungsgemäß deutlich mehr Spuren. Die rund 20 Kilometer nach Dessau fuhren sich wieder einmal hervorragend (Asphalt, ich liebe Asphalt), da ich als Ziel aber die Fähre in Aken hatte, tangierte ich die BauhausStadt nur am Rande. Womit ich ihr im Prinzip Unrecht tue, gleichzeitig gibt es aber nur wenige Städte, die ich öfter besucht habe. Möge man mir dies also heute verzeihen. Auf der Strecke zwischen Dessau und Aken haben inzwischen die Baumwurzeln erhebliche Spuren auf dem Radweg hinterlassen. Macht keine Freude, da mit Gepäck drüberzuholpern und war insofern keine ideale Begrüßung des Elberadwegs an mich. Es waren aber doch sehr viele Radausflügler unterwegs, offenbar hervorgelockt durch den strahlenden Sonnenschein, der für mein Geschmack ja eher hart an der Grenze war. Man will ja keinen Sonnenstich bekommen, nicht wahr. Trotzdem wäre es mir lieber, es bliebe auch morgen dabei und die stattdessen angekündigten Wetterkapriolen blieben aus. Eine neue Regenjacke habe ich nämlich immer noch nicht. Kurz vor der Fähre führt der Elberadweg auf den Deich und das war denn heute das erste und auch das letzte Mal, daß ich den namengebenden Fluß zu Gesicht bekam. Ich bin mal gespannt, wie das in den folgenden Tagen laufen wird, aber wenn ich mich recht entsinne, wird das bis Magdeburg auch nichts mehr. Nach der Elbüberquerung (der Kilometerzähler näherte sich nunmehr der 90) ließ auch meine Motivation arg nach. Zum einen hatte die von mir im Vorfeld ausgesuchte Pension in Ronney ganz offenbar keine Lust auf Einzelbesucher (oder welche Erklärung fällt der geneigten Leserschaft für die Tatsache ein, daß erst nach der Verkündung meines Status´ als eben solcher keine Plätze mehr frei waren?), der Reiseführer spuckte keinen passenden Ersatz aus und bis nach Barby, der dem Ziel am nächsten gelegenen größeren Stadt, waren es noch über 20 Kilometer. Daß mich Steckby, ihr wißt schon, dieser Ort mit Radfahrerkirche, mit Kopfsteinpflaster und einem Pulk auf der falschen Straßenseite fahrender RentnerInnen begrüßte, vermochte meine Laune nicht zu heben. Die folgenden 6 Kilometer in Richtung Trochheim führten durch einen Kiefernwald, auf den sandigen Böden dieser Gegend keine Seltenheit. Da sich einige Kapitel meiner Kindheit in genau solchen Wäldern abspielten weckte der mich umfangende typische Duft zunächst einige sentimentale Erinnerungen. Deren Strahlkraft ließ mit zunehmender Dauer allerdings erheblich nach und der Zustand der Straße (eine wirre Mischung aus Schotter, Sand, Schlaglöchern und Bodenwellen) rückte unnachgiebig ins Bewußtsein. Übrigens der einzige Zeitpunkt der heutigen Etappe, an dem ich den Fahrradcomputer (ich bin immer versucht „Tacho“ zu sagen… verflixte Sozialisation) von der Anzeige der Uhrzeit auf die Anzeige der Fahrtkilometer umstellte, um zu sehen, wann dieses Elend ein Ende nähme. Und ein Erlebnis, das meine Überzeugung bestärkte, daß alle Teilnehmer von Paris-Roubaix schwer einen an der Klatsche haben.
Es nahm ein Ende mit einer wunderbaren Asphaltstraße, die mich schließlich zu einem Ort namens Poleymühle führte. Dieser schien sich, zumindest für mich, vor allem durch eine schier unglaubliche Anzahl von Werbeschildern für Übernachtungsangebote auszuzeichnen. Ich wählte schließlich das, auf den „1,0 km“ stand. War für mich eine sehr überzeugende Werbebotschaft. Nunja, und nun bin ich hier. Frisch geduscht, bereits fürs Abendessen und nur ca. 2,5km vom ursprünglichen Etappenziel entfernt. Paßt scho.

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