Leipzig-Lübeck 2010 (5) – Ut mine Festungstid

Location: Kurz hinter Dömitz
Tagesziel: Neu Bleckede
Kilometerstand: 60,16 km
noch zu fahren: ca. 50 km
Fahrzeit: 3:03:07 h
Reisezeit: 3:30 h

Die Etappe heute morgen begann überraschend leichtläufig. Zwar spürte ich bereits nach dem Aufstehen, daß ich heute mit schweren Beinen zu kämpfen haben würde, aber die Schmerzen meldeten sich heute doch überraschend zurückhaltend. Wahrscheinlich haben die Nerven aufgrund von Erfolglosigkeit das hysterische Funken aufgegeben und machen nun nur noch Dienst nach Vorschrift. Ich fand recht schnell den richtigen Gang und den richtigen Tritt und die 55km bis Dömitz gingen ohne Pause zügig von statten. Das brachte mir den schnellsten Eröffnungszehner der bisherigen Tour ein und ein erhebliches Erstaunen darüber, daß ich tatsächlich fast drei Stunden am Stück durchziehen konnte. Hätte ich mir heute morgen nicht zugetraut. Vielleicht war der gestrige Kampftag ja eine Art Durchbruch. Zudem frischt zwar gelegentlich der Wind etwas auf, aber mit den gestrigen Bedingungen ist der strahlend schöne Tag heute nicht zu vergleichen.
Dabei half sicher auch, daß es die ganze Zeit auf dem Deich entlangging und die Handlungsalternativen dort äußerst begrenzt waren. Dömitz hatte ich mir eigentlich als Pausenort ausgesucht, denn ein Freund hatte mir das Werk Fritz Reuters vorgestellt (wenn ich das richtig verstanden habe, dürfte seine Rolle fürs Plattdeutsche in etwa der von Lene Voigt fürs Sächsische entsprechen – sollte ich hier irren, bitte ich um Korrektur) und der hatte in Dömitz auch eine, nun ja, Pause eingelegt. Und nachdem ich gestern bereits Chamisso mit Nichtachtung strafte und heute Turnvater Jahns Gedenkstätte ich Lanz rechts liegen ließ, wollte ich doch wenigstens Herrn Reuter Reminiszenz erweisen.
Leider lag auf meinem Weg jedoch keine freie Sitzgelegenheit, alles, was sich dem suchenden Auge darbot, war eindeutig einer gastronomischen Einrichtung zuzuordnen. Diese aber sind während der Fahrt tabu. So sitze ich hier also am Eingang des Naturschutzgebietes Rüterberg, dessen namensgebender Ort übrigens auch eine kuriose Geschichte hinter sich hat. Ich werde allerdings den Umweg durch die Dorfrepublik nicht nehmen, denn die nächste Stufe nach schweren Beinen sind Muskelkrämpfe und die möchte ich doch vermeiden, zumal 150km vorm Ziel Aufgeben nicht mehr in Frage kommt. Hoffen wir also, daß aus diesem guten Beginn kein Kampf gegen den Krampf wird.

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