It´s my Party

So ein Blog ist ja immer auch eine persönliche Sache. Und ab heute wird es mal sehr persönlich hier. Wahrscheinlich handelt es um den geschätzten 393630810. Reisebericht auf einem Blog und möglicherweise interessiert das die geneigte Leserschaft gar nicht. Aber zum einen sehe ich gar nichts Schlimmes darin, zum 393630810. Mal über eine Reise zu bloggen – denn hier ist es ja zum ersten Mal – und zum anderen gilt: It´s my party, and I blog if I want to.

Aber nun mal zu den Fakten. Ich werde ab Sonntag versuchen, die Strecke Leipzig-Lübeck per Rad zu bewältigen. Das habe ich im vorigen Jahr schon einmal versucht, scheiterte da aber an Ausrüstungsmängeln und grenzenloser Selbstüberschätzung irgendwo kurz hinter Magdeburg.
Diesen zweiten Versuch nun öffentlich zu machen, hat den Charme, von der geneigten Leserschaft bewundert zu werden – und birgt freilich das Risiko, ein klägliches Scheitern nicht verheimlichen zu können. Schaun mer mal. Für mich persönlich könnte das also durchaus eine Grenzerfahrung werden und Grenzerfahrungen, das haben wir ja nun dank Lenchen gelernt, gehören ja in Blogs. Womit die Rechtfertigung für den 393630810. Erfahrungsbericht ja auch gleich bei der Hand wäre.

Für heute soll ein Blick auf die Ausgangslage genügen.
Pro:
1. Die Ausrüstung (ein solides Tourenrad, 27 Gang-Schaltung, HydraulikBremsen, stabiler Gepäckträger, Nabendynamo, dazu: 2 40-Liter-Gepäcktaschen von Vaude, diverse Funktionskleidung) – die Ausrede dürfte diesmal nicht gelten. Widrigenfalls fordere ich die erheblichen Geldbeträge, die darin stecken, zurück.
2. Die Strecke. Die Etappen sind diesmal deutlich kürzer gewählt. Ca. 100km po Tag sind im Prinzip kein Problem. Zumal es flach ist. Also sowas von flach.
3. Das Wetter. Soll toll werden.

Contra:
1. Mangelnde Form. Ein alles andere als auskurierter Infekt, dazu ein
Frühjahr, das nicht recht beginnen wollte. Ich bin konditionell derartig weit weg vom Normalzustand Ende April, das ist nicht mehr feierlich.
2. Die Ausrüstung. Der Sattel ist neu. Es wird schmerzhaft werden. No further comment.
3. Das Wetter. Hat uns dieses Jahr schon so manchen Streich gespielt.

Zum Abschluß noch der Hinweis: Ich habe keine Ahnung, wie in Walterniendorf oder in neu Bleckede der Zustand des Netzausbaus ist. Sollte es also keinen Eintrag geben, liege ich nicht zwangsläufig im Graben. 😉
Und der Hinweis: Don´t trust the O2-expert. Der Kollege im O2-Shop behauptete dreist, mein EEEPC 1005irgendwas würde problemlos eine SIM-Karte aufnehmen können. Kann er nicht. Falsche Baureihe. Aber zur Strafe hatte sein Hinweis ja auch dazu geführt, daß ich bei BASE gekauft habe (nämlich in der irrtümlichen Annahme, mir einen Surfstick sparen zu können). Nun muß ich mit angedocktem Handy online gehen. Dies nur mal so am Rande, ganz wertungsfrei.

Yo. So viel dazu.
Obwohl – Möchte noch jemand ein Bild vom Packesel?
Ja?
Aber gerne doch:

Kein Buch zum Sonntag (4)

Die geneigte Leserschaft wird es bemerkt haben, in den letzten Wochen war es recht ruhig hier. Zusätzlich zum Semesteranfangsgeschäftsstress schwächelt nun also auch mein Immunsystem – und nach einigen durch Hustanfälle und Kopfschmerzattacken gescheiterten Versuchen, gebe ich mich für diese Woche geschlagen.
Mithin gilt für die geneigte Leserschaft wie auch für mich: Abwarten und Tee trinken. 😉

Das Buch zum Sonntag (41)

Für die heute beginnende Woche empfehle ich der geneigten Leserschaft zur Lektüre:

Jakob Hein: Herr Jensen steigt aus

Auf Jakob Hein stieß ich durch sein Debut “Mein erstes T-Shirt”, eine Sammlung köstlicher Erzählungen, gespeist aus Kinheits- und Jugenderlebnissen eines Heranwachsenden in der DDR.
In “Herr Jensen” steckt allerdings sehr viel mehr. Diese Erzählung (auf dem Buchdeckel steht “Roman”, aber ich weigere mich, die inflationäre Verwendung dieses Genrebegriffes noch länger mitzumachen, da es sich hier lediglich um die sich selbst erfüllende Prophezeiung der Behauptung handelt, Erzählungen würden sich in Deutschland nunmal nicht verkaufen) habe ich unter anderem als entlarvendes Kabinettstück auf unser persönliches wie gesellschaftliches Selbstverständnis gelesen. Dieses nämlich wird beispielsweise massiv davon geprägt, welcher beruflichen Tätigkeit wir nachgehen.

Herrn Jensen war es schon früher nie gelungen, auf Feiern Gespräche anzufangen, und die wenigen Versuche anderer Gäste, mit ihm Kontakt aufzunehmen, endeten jedesmal binnen kurzem in einer Sackgasse. Denn nie dauerte es lange, bis die Frage gestellt wurde, was er denn tun würde, und Herr Jensen wahrheitsgemäß mit “nicht” antwortete. Danach war jedes Gespräch im Keim erstickt, und über nichts konnte man sich schlecht unterhalten. Jeder trank verlegen ein paar Schlucke, als ob das ein Ersatz für ein weiteres Gespräch wäre, um dann möglichst beiläufig auseinanderzugehen.
[…]Warum fragte niemand, was man gern aß oder welche Musik man hörte? Warum fragte ihn niemand nach seiner Art zu duschen? Herr Jensen hatte nämlich in jahrelangen Versuchsreihen die perfekte Duschtemperatur herausgefunden und die exakte Menge Haarwaschmittel, die er benötigte. Warum wollte keiner wissen, ob man besser auf der Seite, auf dem Rücken oder gar auf dem Bauch einschlief? Warum waren alle so einfallslos zu fragen, was man machte?

(S. 38f.)

Herr Jensen hat, zunächst als Job neben dem Studium, nach dessen abruptem Ende ohne selbiges Briefe ausgetragen. Diesen Job verliert er und in der Folge gerät sein bis dahin klar geordnetes, alles in allem unspektakuläres Leben aus den Fugen. In kleinen Schritten, jeder für sich durchaus logisch und konsequent, verschwindet Herr Jensen aus dem gesellschaftlichen Leben. Herr Jensen ist kein kreativer Denker, der sich bei Frage, was die Welt im Innersten zusammmenhält, in neue Sphären aufschwingt, aber er verfolgt seine Pläne mit einer erstaunlichen Beharrlichkeit und einer stringenten Konsequenz, die ihn in den Augen seiner Umwelt schnell zumindest absonderlich, wenn nicht sogar verrückt erscheinen läßt.
Dem Lesenden allerdings erscheint niemand normaler als Herr Jensen, es scheint eher die Welt da draußen verrückt und daher nur sinnvoll, sich aus eben dieser zurückzuziehen.
Ich möchte das mal an zwei Beispielen illustrieren, die, wie ich finde, diese Absurdität dessen, was wir “normal” finden, recht gut aufzeigen:

Irgendeinen Grund für seine Kündigung mußte es geben.
“Nicht doch, Jensen. Es hat keine Beschwerde gegeben, und es hat auch keinen Anlaß zur Beschwerde gegeben. Sie besitzen alles, was wir in einem Mitarbeiter such, Sie sind qualifiziert, routiniert und nicht überambitioniert. Es tut mir – und ich glaube, ich kann da für die ganze Abteilung sprechen – es tut uns allen leid, daß Sie gehen müssen.” – “Aber wenn es sich so verhält, warum muß ich dann gehen?” – “Ich habe es Ihnen doch schon erklärt”, seufzte Herr Boehm. “Wir müssen Ihnen leider im Rahmen unseres neuen Programms zur Verhinderung betriebsbedingter Kündigungen kündigen.” – “Ich arbeite hier seit fünfzehn Jahren, seit fast zehn Jahren in Vollzeit. Ich bin länger hier als Sie, Herr Boehm”, sagte Herr Jensen entrüstet. – “Ja, das ist ja richtig.” Herr Boehm rutschte auf seinem Stuhl herum und fuhr mit dem rechten Zeigefinger hinter den Kragen seines taubenblauen Hemdes. “Aber Sie waren nie ein richtiger Mitarbeiter. Sie haben als Student angefangen und wurden dann von uns auf eine freie Stelle gesetzt. Sie wurden aber nie von uns ausgebildet, deswegen zählen sie nicht als regulärer Mitarbeiter, und darum trifft der Sozialplan nicht auf Sie zu.” – “Und wer soll dann meine Arbeit machen?” fragte Herr Jensen. – “Ein anderer Student. […]”

(S. 24)*

Die Szenen im Arbeitsamt sind wunderbare Miniaturen, die ich hier auseinander reißen müßte, um sie zitieren zu können, was sie wiederum zerstören würde, weshalb ich auf das zweite Beispiel verzichte und lieber einen anderen Aspekt anbringe. Eines Tages entdeckt Herr Jensen nämlich im Rahmen eines großangelegten Projektes, welche moralischen Normen heute gelten.

Das Ganze war keine zufällige Laune. Alles gehörte zusammen. Die dicken Frauen in Unterwäsche und die unbeholfenen Tanzversuche nuschelnder Jugendlicher. Es ging um moralische Normen. Doch während man diese früher in Kursen erlernen und in Benimmbüchern nachschlagen konnte, wurden sie nun auf diese vollkommen andere Art vermittelt. Früher war einem gesagt worden, wie man zu leben hatte. In den Sendungen, die Herr Jensen in den letzten Monaten studiert und analysiert hatte, konnte man statt dessen sehen, wie man nicht mehr leben durfte. Darum war es auch möglich, daß dieselben Menschen immer andere extreme Standpunkte vertraten. Sie dienten nur als Mensch gewordene schlechte Beispiele. Und dabei war es gleichgültig, ob sie bezahlte Schauspieler, spielende Laien oder einfach nur gestörte Menschen waren. Die scheinbar abwegigsten Diskussionen mit Sodomisten und Päderasten zeigten, wo die Grenze verlief, markierten, bis wohin man gehen durfte. Jeder, der diese Grenzen nicht überschritt, konnte davon ausgehen, sich der Norm entsprechend zu verhalten.
Das hatte herr Jensen herausgefunden. Und er schrieb auf einen Zettel, was demzufolge normal sein sollte:
Man sollte arbeiten gehen.
Man sollte eine Frau oder zumindest häufig Sex haben.
Man sollte viele Freunde haben.
Man sollte die aktuelle Mode kennen.
Man sollte Ahnung von Musik haben.
man sollte fröhlich sein.
Man sollte Geld haben.
Man sollte schön sein.
Man sollte etwas mit sich anfangen.
Man sollte Träume haben.
Herr Jensen mußte feststellen, daß er nicht normal war.

(S. 77f.)

Und geneigter Leser, geneigte Leserin, sind Sie normal?
Nicht selten überhöht man als Lesender ja eine Lektüre, nur weil man dort bestimmten Gedanken zum ersten Mal begegnet oder eigene Ideen ausformuliert findet. Es mag also sein, daß die geneigte Leserschaft weniger aus diesem Buch herauszuziehen vermag als ich. Auf jeden Fall aber sind es 125 Seiten Lesegenuß, denn Jakob Hein kann einfach schreiben – und Herr Jensen ist eine wunderbare Figur, weil nie ganz klar ist, ob eigentlich er absurd handelt oder einfach nur die Welt absurd ist.

Zum Abschluß noch der gewohnte Hinweis auf die

lieferbaren Ausgaben.

Ich habe zitiert nach: Hein, Jakob: Herr Jensen steigt aus. Sonderausgabe. Piper Verlag, München 2009.
*Ich lasse die geneigte Leserschaft mit dieser offenen Frage mal allein. Denn dieses Buch ist ein zu Lesendes. 😉

Das Buch zum Sonntag (40)

Für die morgen beginnende Woche empfehle ich der geneigten Leserschaft zur Lektüre:

Frank Fischer: Die Südharzreise

Das heute empfohlene Werk, übrigens mit dem grandiosen Untertitel “Abstrakter Tourismus zwischen Leipzig und Göttingen”, würde der nach Schubladen suchende Leser (übrigens eine nicht von vornherein zu verurteilende Kategorie (Achtung, Schublade – und drohender Zirkel), denn nichts, zumindest von Kunden einmal abgesehen, bringt Bibliothekare und auch den einen oder anderen Buchhändler mehr zur Verzweiflung, als ein Buch, das sich weigert, eingeordnet zu werden. Denn: Irgendwo muß es nunmal stehen, sonst sieht es mit der Auffindbarkeit aber mal ganz schlecht aus.) wahrscheinlich in das Genre der Reiseerzählungen sortieren – und das wäre noch nicht einmal völlig falsch.
Eine Reiseerzählung ist das schmale Bändchen tatsächlich. Der Autor beschließt aus nicht näher definierten Gründen, mit Anbeginn 3. Oktober 2008 die nahezu vollständig fertig gestellte A38 von Leipzig nach Göttingen innerhalb der nächsten 24 Stunden zu bereisen. Und läßt uns dankenswerter Weise daran teilhaben.
Die sogenannte “Südharzautobahn” führt dabei durch eine, und auch das war hier schon einmal Thema, prinzipiell unterschätzte Gegend. Besuche der per Abfahrtsschild ausgewiesenen Orte ist also in jedem Falle für den kulturhistorisch Interessierten lohnend.
Aus ganz anderen Gründen allerding halte ich die Lektüre des Buches für lohnend. Frank Fischer läßt hier einen intellektuellen Witz aufblitzen, der in der deutschsprachigen Reiseliteratur doch eher Mangelware ist.

Zum Sonnenobservatorium in Goseck schreibt er:

Natürlich wurde alles archäologisch korrekt abgeglichen mit anderen Funden in Europa. Mit etwas neolithischer Fantasie kann ich mir auch vorstellen, was hier eventuell geschehen ist. Es kann aber auch alles ganz anders gewesen sein. An einigen Stellen wurden Rinderschädel gefunden, die vielleicht zu Opfertieren gehört haben. Viel interessanter wäre es doch aber, wenn die Überreste der Nutztiere darauf hinwiesen, dass es sich hier um eine Kuhweide für besonders eigensinnige Tiere gehandelt hat, die daher zur Sicherheit von einem doppelten Ring aus Holzpflöcken eingezäunt war.
Ich lese mit der Nietzsche-Taschenlampe noch schnell die Infotafeln ab, ob sich inzwischen nicht doch neue Erkenntnisse ergeben haben. Eine historische Kuhweide würde ich mir besonders gern ansehen wollen.

(S. 23)

Ich werde Goseck wohl nie wieder ohne den Gedanken an schwer erziehbare Kühe besuchen können…*
Und so geht es in 38 Kapiteln durch die mitteldeutsche Kulturlandschaft, immer mit feinen Alltagsbeobachtungen, die die Skurrilität des Homo sapiens sapiens in seiner derzeitigen Ausprägung ganz vorzüglich aufzeigen – wie die für chemiefreie Thüringer Bratwürste missionierende Imbißstandverkäuferin:

Am 1-Euro-Stand sehe ich den Hindenburg-Verantwortlichen stehen und kaufe ihm zum Dank eine eine Bratwurst ab. Ich habe sie gerade fertig verschlungen, als ich am 1,50er-Stand vorbeikomme, in dessen Nähe das Auto steht. Die Bratwurstfrau hat genau gesehen, dass ich eine feindliche Wurst verspeist habe und verwickelt mich umso dringlicher in ein Gespräch. Ich höre ihr gern zu, sie nennt wirklich 50 gute Gründe und fragt mich suggestiv, ob mir die Fremdwurst wirklich geschmeckt hat. Sie seziert eine der echten Echten und fragt mich, ob ich die Fleischstruktur gut genug erkennen kann. Am Ende lädt sie mich dazu ein, doch mal zu kosten, ihre Sicht der Dinge ist ihr also immerhin 1,50 Euro wert.

(S. 40)

Ich könnte hier so endlos weitermachen (und wenn ich die CC-Lizenz richtig verstehe, dürfte ich das sogar), möchte aber der geneigten Leserschaft das eigene Leservergnügen nicht nehmen und schließe lieber mit einer meiner Lieblingsstellen, die den Ausscheidungswettkampf gegen die Begründung, warum die A38 “Arno Schmidts Gegenkanon-Autobahn” heißen dürfte, gewonnen hat:

Wie Hedwig Courths-Mahler in ihren Jugendjahren pilgere ich schnell noch zum Novalisgrab im Stadtpark. Sie hat dort nach eigener Aussage ihre “Phantasie in das Land der Träume versetzt” und dann, offenbar aufgrund dieser fehlgeleiteten Novalisrezeption, über 200 Romanschmonzetten verfasst. Vielleicht sollte man an der Novalisbüste eine Infotafel anbringen, die ganz kurz die Ergebnisse der historisch-kritischen Novalisedition zusammenfasst, damit so etwas nie wieder geschieht.

(S. 22)

Kurz: Intertextualität Galore. Und genau mein Humor.

Zum Abschluß noch der gewohnte Hinweis auf die

lieferbaren Ausgaben.

*Womit wir übrigens bei meinem Motto zu jeglicher historischen Forschung wären: Es kann alles auch ganz anders gewesen sein.

Gachmuret feat. Der Hausheilige – revisited

Wie hier und in diversen sozialen Netzwerken on- und offline vollumfänglich beworben, fand vor neun Tagen die öffentliche Verlesung großartiger Werke des Hausheiligen statt. Für all jene in der geneigten Leserschaft, die an dieser kultischen Handlung, aus welch fadenscheinigen Gründen auch immer, meinten, nicht teilnehmen zu müssen, soll heute ein kurzer Rückblick gewährt werden. Das überaus aparte Fürstenhaus in Weißenfels, dessen Räumlichkeiten wenn nicht zur Heiligenverehrung, dann doch zu anderen rituellen Handlungen gerne genutzt werden, bot eine durchaus angemessene Kulisse. Da es schwierig ist, die Atmosphäre eines solchen Ereignisses auch nur annähernd adäquat zu beschreiben, sollen einige ausgewählter Bilder genügen, um kurz einige Eindrücke zu vermitteln. Hier sehen wir den Hohepriester bei den letzten Vorbesprechungen zum Ablauf der Zeremonie:

Auf dem Altar aufgebaut waren folgende Devotionalien (freilich nicht unbedingt in den hier verlinkten Ausgaben):
Tucholsky: Schloß Gripsholm
Jacobsohn: Briefe an Kurt Tucholsky
Tucholsky: Panter, Tiger & Co.
Tucholsky: Deutschland, Deutschland über alles
Hepp: Kurt Tucholsky. Biographische Annäherungen
sowie, als Textgrundlage, Tucholsky: Gesammelte Werke

Der Hohepriester erwartet mit der gebotenen Strenge die Anhänger und die zu Bekehrenden. Die in vielen kultischen Zusammenhängen weltweit verbreiteten mehrarmigen Leuchter finden auch hier gebührenden Einsatz:

Ebenfalls ein Klassiker bei Zeremonien: Wasser. Und natürlich die exklusive Verwendung durch den mit der Ausführung der kultischen Handlungen Beauftragten. Distanz zwischen Künstler und Publikum, you know?

Neugewonnene Anhänger strömen mit geöffneten Brieftaschen zum Altar. Dem Ziel, Anführer einer charismatischen Religionsgemeinschaft zu werden, war ich nie näher:

Alles in allem: Ein voller Erfolg. Anregende Gespräche über Deutungen und Textauswahl ergaben sich aber erst im direkten Kontakt. Coram publico wollte keiner sprechen…

Und zum Abschluß noch die Textliste zum Nachlesen:
I An das Publikum (1931)
II Frauen von Freunden (1925)
III Jemand besucht etwas mit seinem Kind (1925)
IV Was machen die Leute da oben eigentlich? (1930)
V Wo bleiben Deine Steuern? (1926)
VI Kleine Begebenheit (1921)
VII Ein Ehepaar erzählt einen Witz (1931)
VIII Moment beim Lesen (1932)
IX Rosen auf den Weg gestreut (1931)
X Gruß nach vorn (1926)
XI Abends nach sechs (1924)
Da capo:
Augen in der Großstadt (1930)
Das Ideal (1927)
Frauen sind eitel. Männer? Nie-! (1928)

Und ganz zum Schluß noch eine Devotionalie zum Ausdrucken, Vergrößern und Einrahmen:

Meinen Programmzettel