Beim noch immer zu empfehlenden Projekt erhielt ich dieses Mal einen Band aus der schon seit einigen Jahren bestehenden Langenscheidt-Pseudowörterbuch-Reihe. Für die wenigen in der geneigten leserschaft, die die Reihe noch nicht kennen: Wenn ich mich recht entsinne, begann die Reihe vor ca. 10 Jahren mit »Frau-Deutsch, Deutsch-Frau«, seinerzeit als Abfallprodukt der Programme des damals noch keine Stadien füllenden Mario Barth und überraschend erfolgreich. Seitdem hat sich die Reihe durchaus gemausert und es entstehen gelegentlich Bände, die ich durchaus für bestimmte Zielgruppen empfehlen würde. Maybritt Illners 2007er Band »Politiker-Deutsch, Deutsch-Politiker« war zwar stark von der Perspektive einer politischen Journalistin geprägt und dementsprechend an einigen Stellen durchaus zu hinterfragen, bot aber einen ernstzunehmenden Einstieg in die politische Welt für all jene, die sich bisher tatsächlich eher nicht damit beschäftigt hatten. Kurzweilig vermitteltes Grundwissen – das scheint mir auch die Richtung zu sein, in die Langenscheidt diese Buchreihe seitdem weiterentwickelte.
Der Hirschhausen-Band erschien zuerst 2007, die heute vorgestellte Auflage ist eine in diesem Jahr erschienene Sonderausgabe. Menschen, die ihn bereits kennen, werden kaum überrascht werden vom Inhalt, er präsentiert sich hier ebenso routiniert wie Cartoonist Erich Rauschenbach, der wohl auch hinlänglich bekannt sein dürfte.
Womit ich freilich das Buch nicht abwerten möchte, ganz im Gegenteil, ich mag die Reihe, wie eben schon angedeutet, grundsätzlich sehr gut leiden und Hirschhausen bleibt bei allen Wortspielereien und Kalauern durchaus erntzunehmender Ratgeber. Es mag sein, dass Hinweise wie »Obst hilft gegen Obst-ipation.« (S. 83) nicht jedermanns Humorzentrum treffen, aber es ist eingängig. Wenn auch zugegebenermaßen enervierend, wenn man das Buch in einem Rutsch lesen möchte. Nichtsdestotrotz sind Abschnitte wie dieser:
Bronchialkarzinom
Lungenkrebs. Ja, Onkel Horst hat immer geraucht und ist nicht am Lungenkrebs gestorben, sondern am Autounfall, als er sich bei Tempo 180 eine anzünden wollte. Fakt bleibt: Neun von zehn Lungenkrebspatienten sind Raucher, die sich oft gesagt haben: »Ich kann ja aufhören wenn ich was spüre!«
Dazu eine frohe Botschaft: Liebe Raucher, wenn Ihr was spürt, könnt Ihr auch weiterrauchen!«
(S. 82)
wahrscheinlich wirksamer als jede Krawall-Kampagne der BZgA.
Auf diese Weise geht Hirschhausen alle medizinischen Bereiche durch, mit denen man als Patient für gewöhnlich so konfrontiert wird und vermittelt dabei knapp, komprimiert und pointiert Grundlagen und Anektoktodisches zu Fachärzten, Untersuchungen, Krankenhäusern etc., immer auch mit durchaus nützlichen Seitenhieben auf berufsgruppenspezifische Befindlichkeiten. Das ist durchaus kurzweilig und ich rechne es ihm positiv an, dass er an keiner Stelle mit seiner Position hinterm Berg hält, etwa, wenn er zu »Wellness« meint:
Ursprünglich ein ganzheitliches Konzept aus den USA mit Selbstverantwortung und aktivem Stressmanagement ist Wellness inzwischen zum Schlagwort eines sehr aktiven Industriezweiges verkommen, der passive Entspannung und gezielte Flüssigkeitsverluste verkauft. Wobei man allein schon durch die unüberschaubare Vielzahl der Behandlungstermine und Optionen in einem Wellnesshotel ins Schwitzen kommt. Dabei geht es hauptsächlich um seenzielle Fragen wie: Erst entspannen, dann relaxen oder besser andersherum?
MERKE: Jedes Hotel, das fließend Wasser hat, bietet inzwischen Wellness an. Um dieser Begriffsinflation zu entgehen, bezeichnen sich die elitären Anbieter gerne auch als Spa. Lateinisch für »sanitas per aquam«, Gesundheit durch Wasser. Sozusagen Weichspüler für den Geist.«
(S. 156)
Und auch seine immer wieder auftauchenden Hinweise, die schließlich in einem Plädoyer auf den letzten Seiten kulminieren, als Patient selbstbewusst aufzutreten und nicht nur auf den Arzt, sondern eben auch auf sich zu hören, Signale des eigenen Körpers ernstzunehmen, Fragen zu stellen, wo etwas unverständlich ist, den Arzt eben als kompetenten Partner und nicht als gehorsamfordernden Gott aufzufassen, zeigen, dass es dem Autor durchaus um mehr geht als um billige Witze auf Kosten eines oder mehrerer Berufsstände. Und das macht für mich die eigentliche Qualität des Buches aus.
Wer sich gerne noch einen eigenen Eindruck verschaffen möchte, sei auf die Seite des Verlages verwiesen, wo das Buch auch zu bestellen ist.
Was aber natürlich ebenso beim von diesem Blog bevorzugten Buchhändler möglich ist.