Der geneigten Leserschaft seien in dieser Woche folgende ungelesene Bücher ans Herz gelegt:
Florian Werner fiel in letzter Zeit bereits merhfach damit auf, sich mit, nun, nennen wir es ungewöhnlichen Themen zu beschäftigen. Exemplarisch sei hier auf seine kulturgeschichtliche Untersuchung »Dunkle Materie« verwiesen.
Sein neues Buch klingt äußerst vielversprechend. Das Themenfeld »Chemie und Literatur« ist zwar bereits verschiedentlich beleuchtet worden (siehe hierzu zum Beispiel Georg Schwedts Untersuchung), aber die Herangehensweise Florian Werners scheint mir doch neu zu sein. In seinem Buch
Helium und Katzengold schreibt Werner nun 92 Kurzgeschichten zu den 92 auf der Erde vorkommenden Elementen, die auf die Eigenschaften derselben referieren. Das klingt äußerst spannend. Im Gegensatz zu mir hat übrigens Petra Wiemann das Buch bereits gelesen. Ihre Einschätzung dieses literarischen Periodensystems kann denn auch in ihrem Blog »Elementares Lesen« nachvollzogen werden.
Ende der Neunziger Jahre war ich in einer Chat-Community aktiv, die mit dem Jahrtausendwechsel untergehen wollte (was sie indirekt auch wirklich tat, kurz nach dem Millenium wurde daraus ein Online-Dating-Portal). Dort gab es einen Quizchannel, den ich äußerst intensiv genutzt habe. Aufgrund einer äußerst beliebten, weil gerne unbeantworteten Frage, die nach der deutschen Bezeichnung des Proteus anguinus suchte, entwickelte es sich zum Ritual, im Falle des Nichtwissens stets »Grottenolm« zu antworten, selbst wenn nach dem römischen Kaiser zur Zeit Jesu Geburt gefragt wurde.
Und obwohl das nun alles schon mehr als ein Jahrzehnt zurückliegt: So völlig verschwunden ist der Impuls noch nicht, auf eine Frage statt »Weiß ich nicht« reflexhaft »Grottenolm« zu antworten.
Da also der Grottenolm mein »Supercalifragilisticexpialigetisch« ist, verbindet mich mit diesem auf den ersten Blick nicht übermäßig liebenswerten Tierchen eine gewisse innere Sympathie. Diese versucht denn auch das Buch
Lisa Signorile: Missgeschicke der Evolution zu vermitteln. Ob das gelingen kann und man tatsächlich zum Fan von Hausstaubmilben wird, wenn man dieses Buch gelesen hat: Ich habe so meine Zweifel. Aber es würde ja auch schon genügen, wenn es gelänge die Augen zu öffnen für Biodiversität – oder doch zumindest ein paar neue Perspektiven auf Tiere erworben werden, die es in Sachen menschlicher Sympathie nicht so leicht haben wie Katzen oder Pandas. Auf jeden Fall aber könnte es sich doch hier um einen weiteren Beitrag zur Dogma-These vom Humor Gottes handeln (soweit man denn dieses Erklärungskonzept für Artenvielfalt anerkennen möchte).
Nach so viel Naturwissenschaft zum Abschluss noch eine wahre Großartigkeit von Buch:
Murasaki Shikibu: Die Geschichte vom Prinzen Genji gehört eigentlich unbedingt in den Kanon des aktuellen Umblätterer-Projekts zu Tausendseitern, aber dort pflegt man zumindest in der Startphase eine merkwürdige Ignoranz klassischer fernöstlicher Literatur gegenüber. Denn das Genji-monogatari gehört ohne Zweifel zu den Meilensteinen der Weltliteratur und wurde nun von Manesse dankenswerter Weise in einer wundervollen Neuausgabe wieder veröffentlicht.
Manesse übrigens ist nicht zuletzt deshalb zu bewundern, weil sie es bereits seit vielen Jahren schaffen, Random House-Verlag zu sein und trotzdem Manesse zu bleiben (es möglicherweise sogar noch mehr sind als in der letzten Zeit vor der Übernahme). Hierzu sei auf das äußerst aufschlussreiche Interview mit dem Verleger Horst Lauinger aus dem März 2013 verwiesen (ist auch ein gutes Antidot gegen die allzu wohlfeile Konzernschelte).
Jedenfalls: Eine der Bedeutung dieses Werkes durchaus angemessene Ausstattung, die wirklich Lust darauf macht, sich mal eine ganze Weile aus der Zeit zu verabschieden und in eine Welt einzutauchen, die eine Entdeckung lohnt (also man sollte dieses Buch wirklich gelesen haben und zwar vollständig – es sind viele gekürzte Ausgaben unterwegs…). Ihr wisst also, wo ihr mich nach HeiligAbend finden werdet. 😉