Frieden schaffen nur mit Waffen?!

Sign of Calle de la Paz (street) in Centro district in Madrid (Spain). Tilework by Alfredo Ruiz de Luna. Luis García, CC BY-SA 3.0 , via Wikimedia Commons

Die Mutter, die in einigen zwanzig Jahren an der zerkrümmten Leiche eines kleinen Kindes heulen wird, neben sich den Schlauch einer unnützen Sauerstoffflasche und einen bedauernden Arzt: »Gegen dieses Giftgas, gnädige Frau, sind wir zur Zeit noch machtlos – Ihr Kind ist nicht das einzige Opfer in der Stadt . . . « – diese Mutter wird sich in ruhigen Stunden immerhin fragen dürfen, wo denn eigentlich der vielverschriene Pazifismus in den letzten zwanzig Jahren gewesen sei; ob wir denn nichts getan hätten; ob es denn keinen Krieg gegen den Krieg gebe . . .1

Kurt Tucholsky, 1927

Die pazifistische Bewegung steht hierzulande vor einem grandiosen Scherbenhaufen. Wer heute noch medienwirksam das Wort Frieden in den Mund nimmt, mag sich selbst als einsamen Rufer in der Wüste wahrnehmen – tatsächlich aber ist die Chance, dass es sich dabei um Menschen handelt, die eine sehr eigene Wahrnehmung der Welt haben, ziemlich groß.

Denn erstaunlicherweise erleben wir eine Hegemonie des militärischen Standpunktes, den ich vor wenigen Jahren noch für unmöglich gehalten hätte. Dagegen halten – wohlgemerkt wahrnehmbar – scheinbar nur noch Menschen, deren Moralkompass sich an merkwürdigen Polen orientiert. Aber es ist doch keineswegs so, dass es zwischen Wir rüsten auf, bis bei Rheinmetall keiner mehr weiß, wohin mit den Sektkorken und Der arme Wladimir, alle sind so böse zu ihm keine Bandbreite an Alternativen gäbe. Genauso übrigens – aber da kenne ich mich leider so wenig aus, dass ich hierzu keine Stellung nehmen werde – wie es zwischen Bibi Netanjahu Teufelskerl! und Unterstützt die Freiheitskämpfer der Hamas ja durchaus Positionen gibt, die eingenommen werden können. Wie ist es soweit gekommen? Und was nun?

Mit Lammsgeduld und Blöken kommt man gegen den Wolf nicht an.2

Die pazifistische Bewegung moderner Prägung entstammt den Erfahrungen des Ersten Weltkriegs. Diese Ur-Katastrophe des 20. Jahrhunderts3 hat gerade im Deutschen Reich Bewegungen gefördert, die den Krieg durchaus nicht mehr als notwendigen Bestandteil der internationalen Politik sahen. Es waren nicht zuletzt die massiven Verheerungen, die schweren physischen und psychischen Schäden, die dieser erstmals vollständig in industriellem Ausmaß betriebene Krieg hinterließ, die zu einem Erwachen von pazifistischen Bewegungen führte. Und zwar von Bewegungen, die nicht mehr esoterisch-welterweckend in der Abkehr von der Moderne predigten, sondern die konkret und im Rahmen der Welt, wie sie nun einmal ist, nach Lösungen suchten.

Diese Bewegungen waren von Anfang an international und weltanschaulich durchaus divers. Es gab unzählige Friedenskongresse und Kundgebungen und Artikel und und und…

Ich möchte das hier gar nicht im Detail darstellen, denn eines ist ihnen allen gemeinsam: Sie scheiterten. Wie wir alle wissen, werden die Weltkriege seit 1939 gezählt. Schaut man aber in die Schriften und Beiträge dieser Zeit, so lässt sich erstaunlicherweise feststellen: Da wurde sehr viel erkannt und sehr viel konzeptioniert – da sind eine Menge Ideen, die auch die Friedensforschung nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgenommen hat. Gedanken zu einer gemeinsamen europäischen Zukunft nahmen hier zum Teil sehr konkrete Formen an.4

Was aber geschah tatsächlich? Eines nach dem anderen kippten die Länder Europas in autoritäre Regime, in Diktaturen, in den Faschismus. Und zwar mit Ansage und Anlauf. Wie konnte das geschehen?

Im eingangs zitierten Text von Kurt Tucholsky Über wirkungsvollen Pazifismus im Jahr 1927 geht es wie folg weiter:

Tatsächlich wird der Pazifismus von den Mordstaaten sinnlos überschätzt; wäre er halb so gefährlich und wirkungsvoll, wie seine Bekämpfer glauben, dürften wir stolz sein. Wo stehen wir –?

Die historische und theoretische Erkenntnis der anarchischen Staatsbeziehungen ist ziemlich weit fortgeschritten. Die Friedensgesellschaften der verschiedenen Länder, die inoffiziellen Staatsrechtslehrer, Theoretiker aller Grade arbeiten an der schweren Aufgabe, aufzuzeigen, wo die wahre Anarchie sitzt. […] Immer mehr zeigt sich, was wahre Kriegsursache ist: die Wirtschaft und der dumpfe Geisteszustand unaufgeklärter und aufgehetzter Massen.

Und da scheint mir auch heute, nach Jahrzehnten intensiver und erkenntnisreicher Friedensforschung tatsächlich nicht das Problem zu liegen: Wir wissen sehr gut, was Kriege verursacht, wie sie geführt werden und was sie stützt. Ob Tucholskys Einschätzung so ohne weiteres zu unterschreiben ist, sei dahingestellt – denn damals wie heute gilt: Es mangelt nicht an Erkenntnis, es mangelt nicht an Wissen. Nein: Die Pazifisten dringen nicht durch, sie schaffen es nicht, nennenswert zu handelnder Politik beizutragen, es gelingt ihnen nicht, Menschen zu erreichen – kurz: Die pazifistische Bewegung wirkt nicht.

Theoretische Schriften über den Staatsgedanken des Pazifismus, Diskussionen über dieses Thema müssen sein – sie bleiben völlig wirkungslos, wenn sie nicht in die Terminologie, in die Vorstellungswelt, in das Alltagsleben des einzelnen übersetzt werden.

Es mag ganz nett sein, sich jedes Jahr zu Ostern zu versichern, wie schlimm der Krieg ist – aber Fakt ist doch: Von Pershing bis Tomahawk hat die Friedensbewegung in diesem Land keine Stationierung verhindert. Und selbst die großen, inzwischen aufgekündigten Abrüstungsverträge entstanden auf wirtschaftlichen und nicht auf friedensbewegten Druck hin.

Und warum nicht –?

Weil wir nicht die Sprache der Leute reden.5

Die Friedensbewegung en gros hat – aus meiner Sicht – die Fehler der Zwischenkriegszeit wiederholt. Nicht, weil sie nicht radikal genug gewesen wäre oder nicht deutlich genug gezeigt hätte, wie furchtbar Krieg ist. Sie hat es nie geschafft, eine Sprache zu entwickeln, die wirkmächtig genug wäre, wirklich bis in die Tiefe der Gesellschaft zu wirken. Ihre Wirkung reicht doch noch nicht einmal bis zu ihren parlamentarischen Verbündeten, wenn wir uns anschauen mit welcher Geschwindigkeit und Selbstverständlichkeit Menschen wie Anton Hofreiter über Modellvarianten der Schwerartillerie reden. Diesem Fakt gilt es sich zu stellen. Egal, wie oft man sich auf Veranstaltungen aller Art tief in die Augen schaut und feststellt, dass ja alle miteinander gegen den Krieg sind. Nach draußen! Dahin muss der Blick und das Wort gehen, dahin, wo es weh tut, wo Menschen im Krieg etwas Heroisches, Notwendiges oder Unvermeidbares sehen. Und darum noch einen Absatz aus dem hier permanent zitierten Text des Hausheiligen dieses Blogs (ja, das ist ein ganz dezenter Lesehinweis auf den Gesamtext):

Was die Generale mit ihren ehrfurchtsvoll gesenkten Degen, mit Fahnen und ewigen Gasflammen; mit Uniformen und Hindenburg-Geburtstagsfeiern; mit Legionsabzeichen und Filmen heute ausrichten und ausrichten lassen, ist das schlimmste Gift. Entgiften wir.

Das kann man aber nicht, wenn man, wie das die meisten Pazifisten leider tun, dauernd in der Defensive stehen bleibt, »Man muß den Leuten Zeit lassen –« und: »Auch wir sind gute Staatsbürger –« Ich glaube, daß man weiterkommt, wenn man die Wahrheit sagt […]

Wir kennen den Geisteszustand, der in allen Ländern im ersten Kriegstaumel geherrscht hat. Ihn hat man heraufzubeschwören, ihn genau auszumalen – und ihn zu bekämpfen. Prophezeit: so und so wird es sein. Ihr werdet zu euern sogenannten Staatspflichten gezwungen werden, die nichtig und verdammenswert sind – befolgt sie nicht. Ihr werdet eingeredet bekommen, daß drüben der Feind steht – er steht hüben. Man wird euch erzählen, daß alle Letten, Schweden, Tschechen oder Franzosen Lumpen seien – die Erzähler sind es. Ihr seid dem Staat nicht euer Leben schuldig; ihr seid dem Staat nicht euer Leben schuldig; ihr seid dem Staat nicht euer Leben schuldig.

Und die Fahne, die da im Wind flattert, weht über einem zerfetzten Kadaver. Und wenn euch ein Auge ausgeschossen wird, bekommt ihr gar nichts oder sechzehn Mark achtzig im Monat. Und jeder Schuß, den ihr abfeuern müßt, ist ein Plus im Gewinnkonto einer Aktiengesellschaft. Und ihr karrt durch den Lehm der Straßen und stülpt die Gasmasken auf, aber ihr erntet nicht einmal die Frucht eures Leidens. Und die wahre Tapferkeit, der echte Mannesmut, der anständige Idealismus des guten Glaubens – sie sind vertan und gehen dahin. Denn man kann auch für einen unsittlichen Zweck höchst sittliche Eigenschaften aufbringen: aufopfern kann man sich, verzichten, hungern, die Zähne zusammenbeißen, dulden, ausharren – für einen unsittlichen Zweck, Getäuschter, der man ist, Belogener, Mobilisierter . . . seiner primitiven Eigenschaften, der barbarischen.

Stoßen wir vor –? Sagen wir das den Leuten –?6

Die Antwort muss damals wie heute lauten: Nein. Wir stoßen nicht vor. Das muss die bittere Erkenntnis sein, wenn wir uns die rasche Militarisierung unserer Gesellschaft in den letzten Jahren anschauen. Mit dem Abtreten der letzten Kriegsgeneration aus der politischen Verantwortung sind rasant Dinge wieder möglich geworden, die vorher undenkbar schienen. Deutsche Soldaten im Auslandseinsatz erscheinen uns inzwischen völlig normal, ja wir diskutieren sogar, ob sie denn auch effektiv genug sind. Selbst Werbung der Bundeswehr an Schulen ist kein No-Go mehr. Wieder einmal wussten die Militaristen sehr viel besser, wie das Spiel gespielt wird. Und als der Krieg mit voller Wucht in das Herz Europas zurückkehrte, konnten sie ernten, was sie gesät haben. Wir auch schon vor 110 Jahren erwachten die Pazifisten viel zu spät:

Am 1. August 1914 war es zu spät, pazifistische Propaganda zu treiben7

Stellt sich jetzt also die Lenin’sche Frage: Was nun?

Kriegspropaganda allerorten

Ich möchte mich jetzt einmal auf den Elefanten im Raum dieses Textes konzentrieren: Den Krieg Russlands gegen die Ukraine. Aus dem simplen Grund, dass hier die Sachlage – entgegen allen Geraunes – simpel ist. Und gleichzeitig die Schwäche der Friedensbewegung offenbar wird, sich in Freund-Feind-Schemen zu verstricken, die letztlich der militaristischen Logik folgen. Und deren Endkonsequenz ist, dass sie heute Partei nimmt. Anstatt also Wege aus dem Krieg zu zeigen, anstatt Ansätze für eine Friedenspolitik zu liefern (nochmal: Es liegen Erkenntnisse aus Jahrzehnten Forschung vor!), verstrickt sie sich in simplifizierenden, Realitäten ignorierenden Ostermarschträumen und prangert den Imperialismus im Auge des anderen an, um ihn vor dem Kopf des einen zu ignorieren.

Recap: Was bisher geschah

Die Historie des russischen Krieges ist hinlänglich nachzulesen, ich möchte ein paar Schlaglichter herausgreifen. Nach dem Ende der Sowjetunion entstand die Situation einer eigenständigen Ukraine, die sich urplötzlich im Kreise der Atommächte wiederfand und eine stattliche Flotte im Schwarzen Meer ihr eigen nennen konnte, inklusive zweier im Bau befindlicher Flugzeugträger.

Es folgten mehrjährige Verhandlungen, an deren Ende die Ukraine ihren Flottenanteil verkaufte, den Flottenstützpunkt verpachtete und die Atomwaffen übergab.

Dass Verträge mit Russland eher so allgemeine Richtlinien sind und die russische Seite sich durchaus zu nichts verpflichtet fühlt, zeigte sich bereits 2006, als die Ukraine doch tatsächlich Schritte unternahm, um eine NATO- und eine EU-Mitgliedschaft zu erlangen.

Ausriss aus der Seite 1 der Tageszeitung junge Welt in der Ausgabe vom 15. Mai 2006 mit dem Artikel-Teaser
Schneller Marsch | Besuch in Warschau: Der ukrainische Präsident Juschtschenko will rasch in NATO und EU

Sehr plötzlich verlangte Gazprom eine sofortige Tilgung offener Rechnungen, erhöhte massiv den eigentlich vereinbarten Erdgaspreis und drohte mit Lieferstopp, der dann auch folgte. Das jahrelange Tauziehen endete erst 2010, als inzwischen ein russlandfreundlicher Präsident in Kyjiw amtierte und – vor allem – das EU-Assoziierungsabkommen nicht ratifiziert wurde. Plötzlich war wieder ein niedrigerer Erdgaspreis möglich. Nach dessen Sturz und der russischen Invasion auf der Krim galt das alles wieder nicht mehr. Das russische Gebahren wurde übrigens sogar international juristisch aufgearbeitet, mit dem Ergebnis, dass der Ukraine 2,5 Milliarden Dollar zustehen. Dieses Vorgehen der russischen Gas-Diplomatie ist nicht einmal etwas besonderes im Verhältnis der beiden Nachbarstaaten, auch in Europa hat man sich mit solchen Verträgen, die im Zweifelsfall das Papier nicht wert sind, auf dem sie stehen, knebeln lassen.

Worauf ich hinauswill: Das russische Verhalten ist glasklar imperialistische Politik und daraus hat Wladimir Putin niemals ein Geheimnis gemacht. Es war und ist erklärtes Ziel, den russischen Einflussbereich mindestens auf die Größe der ehemaligen Sowjetunion auszudehnen und dabei wird jedes Mittel gezogen, bis zum Krieg. Auch das wissen wir schon lange und unsere osteuropäischen Nachbarländer wurden nie müde, darauf hinzuweisen.

Russland hat – und das ist unstrittig – jeden Vertrag der letzten 30 Jahre mit der Ukraine gebrochen. Die wichtigsten wahrscheinlich der Freundschaftsvertrag von 1999 und das Budapester Memorandum von 1994, die beide die territoriale Integrität, die Anerkennung von Grenzen und der Souverinät feststellten.

Keine völkerrechtliche Vereinbarung hat Russland davon abgehalten, nicht nur gegen die expliziten, Ukraine-bezogenen Verträge zu verstoßen, sondern auch gegen übergeordnete Verträge wie die KSZE-Schlussakte oder die Charta der Vereinten Nationen.

Explizit verbotene Handlungen wie wirtschaftliche Erpressungsmaßnahmen, Invasion und Annexion des Staatsgebietes, mit deren Zusicherung die Ukraine auf Atomwaffen verzichtet hat, wurden dennoch begangen.

Es ist wirklich selten, dass die Frage, wer hier der Agressor ist, so eindeutig und klar zu beantworten ist. Und zwar, das sei hier explizit noch einmal hervorgehoben, ganz unabhängig davon, dass die Ukraine gewiss kein demokratischer Musterstaat ist. Das spielt bei dieser Frage überhaupt keine Rolle. Wir haben uns aus guten Gründen darauf geeinigt, dass man nicht einfach in Länder einmarschiert, deren Regierung einem nicht passt. Seit 2014 führt Russland einen Krieg gegen die Ukraine, seit 2022 flächendeckend. Punkt.

Wo kann hier die pazifistische Perspektive liegen?

Welche Antworten kann die Friedensbewegung hier geben? Sie kann möglicherweise viele geben, aber wir hören sie nicht.

Bankrotterklärung

Bisher war es für die westliche Friedensbewegung sehr einfach: Der böse US-amerikanische Imperialismus greift per Kommandooperation oder auch ganz offen dort ein, wo er seine Interessen bedroht sieht. Im Zweifelsfall holt er sich sogar noch die Erlaubnis der Weltgemeinschaft mit gefälschten Beweisen dafür ab. Chile, Nicaragua, Vietnam, Irak etc. etc.

Dagegen lässt sich protestieren, es gibt Medien, die das offenkundig machen und auf das Übel zeigen. Das ist richtig und mehr als notwendig. Es hat sich aber in den 70 Jahren des Protestes zweierlei gezeigt:

a) Günter Grass hatte 1967 einen Punkt:

Aber es gibt, so lesen wir,
Schlimmeres als Napalm.
Schnell protestieren wir gegen Schlimmeres.
Unsere berechtigten Proteste, die wir jederzeit
Verfassen, falten, frankieren dürfen, schlagen zu Buch.
Ohnmacht, an Gummifassaden erprobt.
Ohnmacht legt Platten auf: ohnmächtige Songs.
Ohne Macht mit Gitarre. –
Aber feinmaschig und gelassen
wirkt sich draußen die Macht aus.8

Die Proteste dagegen hatten bald etwas routiniertes. Sie schienen kaum noch auf den Einzelfall bezogen zu sein, sondern man konnte bequem die Schilder vom letzten Protest nochmal verwenden. Diese Routine, wenn nicht schon Ritualisierung, machte Friedensproteste in Ost und West erstaunlich ähnlich – und das ist bemerkenswert, denn im Osten waren die nun wirklich echte staatliche Rituale. Auch ich bin als Kind mit der Picasso-Taube demonstrieren gegangen und natürlich was der Imperialismus als Kapitalismus im Endstadium und damit Verteidiger des Faschismus (wenn nicht sogar selbst faschistisch!) der große Feind des friedenswilligen Sozialismus. Und deshalb war es natürlich auch nötig, die Kinder zeitig zu militarisieren, damit sie auch gerne den Panzer zur Verteidigung des Friedens besteigen – sorry, ich schweife ab.

Jedenfalls aus meiner Beobachtung gibt es von dort eine direkte Entwicklungslinie zu

b) einem reflexhaften Anti-Amerikanismus.

Es gibt irrsinnig viele Gründe, die US-amerikanische Außenpolitik und ihr offizielles und inoffizielles Handeln zutiefst zu verbscheuen. Und nein, natürlich ist die US-Politik nicht von irgendwelchen Werten geleitet, sondern im Wesentlichen von Interessen – und auch hier bevorzugt von ihren eigenen. Das führt zu widerlichsten Ergebnissen und die sind hart und offen anzusprechen und zu kritisieren. Gerade aus antiimperialistischer Sicht (und nur eine solche Sicht kann eine pazifistische Weltanschauung annehmen, Imperien sind per se nicht friedensfördernd, auch wenn wir in unserer Erinnerungskultur immer wieder so tun) gibt es mehr als genug Gründe, ganz genau hinzuschauen, wenn die USA politisch tätig werden.

Ein Antiimperialismus, der allerdings völlig übersieht, dass die USA nicht die einzige Weltmacht sind und auch keineswegs die einzige, die sich außenpolitische widerlichster Praktiken bedient, verdient seinen Namen nicht. Wer nicht erkennt, dass die Abhängigkeitspolitik, die Russland über Jahrzehnte betrieben hat und die China seit einigen Jahrzehnten betreibt (Afrika, anyone? Südasien, anyone? Südamerika, anyone?), Imperialismus in Lehrbuchform ist, pflegt keine kritische Weltsicht, sondern Vorurteile. Wer übersieht, wie Russland immer wieder militärisch eingegriffen hat, wenn Nachbarländer nicht gespurt haben, wer nicht sieht, dass Russland und nur Russland den Krieg gegen die Ukraine begonnen hat, pflegt keine kritische Weltsicht, sondern Vorurteile. Die USA sind an vielem Übel Schuld. Daran, dass Putin gerne die Sowjetunion wieder haben will und dafür alles unternimmt, was ihm nötig erscheint, aber nicht.

Es waren nicht die USA, die auf die Krim, in Donezk und Luhansk einmarschiert sind. Es waren nicht die USA, die mit einem Handstreich Kyjiw erobern wollten und in Butscha Dorfbewohner massakriert haben.

Ein Antiimperialismus, eine Friedensbewegung, die Ernst genommen werden will, muss in der Lage sein, die Dinge beim Namen zu nennen. Auch wenn der Lieblingsfeind gerade mal nicht Schuld hat.

Es gibt keinen, keinen einzigen Grund, der es rechtfertigt, einen Krieg zu beginnen. Eine Friedensbewegung, die es nicht schafft, sich auf diesen Nenner zu einigen, ist keine. Wer allen Ernstes meint, der Krieg Russlands gegen die Ukraine sei nur das Ergebnis einer Provokation des Westens, insbesondere der USA, erklärt doch letzten Endes: Es gibt Situationen, da muss ein Land seinen Nachbarn überfallen. Und sorry, aber das mag vieles sein, pazifistisch ist das nicht.9

Was hier geschieht, ist die Rechtfertigung eines Angriffskrieges. Und das ist: Kriegspropaganda.

Scheinargumente

Es gibt immer wieder Argumente, die vorgebracht werden, um zu belegen, es sei eigentlich ganz einfach und in der Hand des Westens, diesen Krieg zu beenden. Sie gleichen sich in Muster und Stoßrichtung, darum nur mal zwei willkürlich herausgegriffen. Ziel ist es immer, Agens und Reagens zu vertauschen und damit die Handlungsoptionen zu verschieben.

Gegen eine Atommacht kann man nicht gewinnen

Dieses Argument kommt sehr realpolitisch daher. Und ist natürlich nicht von der Hand zu weisen, die ganze zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts war davon geprägt, der Atomwaffensperrvertrag beruht darauf. Und ja, Russland hat sich bisher nicht an die Verträge gehalten, warum sollten sie urplötzlich damit anfangen. Das Budapester Memorandum, dass explizit besagt, Atomwaffen nicht gegen Nicht-Atomwaffenmächte einzusetzen, wurde ja bereits in anderen Punkten gebrochen, warum nicht auch in diesem? Also ja, absolut möglich, dass Russland gegen die Ukraine Atomwaffen einsetzen wird. Doch lasst uns hier mal kurz innehalten: Wer hat hierfür die Handlungsoptionen? Es ist einzig und allein Russlands Entscheidung, ob es den Angriffskrieg weiter eskaliert. Es gibt eine ganz einfache Option, den Krieg sofort zu beenden: Sich aus der Ukraine, in der sie nichts zu suchen haben, zurückzuziehen. Als ob irgendeine Handlung der Ukraine oder des Westens Russland hindern würde! Selbst die kuschelzahme deutsche Appeasement-Politik seit den 90ern hat nichts, gar nichts verhindert. Den Krieg in Tschetschenien nicht, in Georgien nicht, in der Ukraine nicht. Und wenn es Putin oder sonstwem in den Kopf kommt, wird die Bombe fallen. Und wenn sie sich ausdenken, dass in der Ukraine Atomwaffen stehen. Dass Russland eine Atommacht ist und man ihm deshalb natürlich erlauben muss, seine Nachbarn mit Krieg zu überziehen, weil die ja eh nicht gewinnen können: Das ist die Rechtfertigung eines Krieges und mithin: Kriegspropaganda.

Frieden also erst, wenn genug Russen tot sind?

Ein Argument, das besonders gerne gegen Waffenlieferungen an die Ukraine gebracht wird. Und das ist nun ein Musterbeispiel für die Umkehrung von Aktion und Reaktion. Es bräuchte kein Russe mehr im Krieg sterben, wenn der Aggressor das tun würde, was nach Völkerrecht geboten wäre: Sich zurückziehen. Niemand hat so viel Macht wie Putin, diesen Krieg zu beenden. Er müsste es nur befehlen. Dass er das aus innenpolitischen Gründen nicht kann, weil er diesen Krieg propagandistisch derart aufgeblasen hat, dass selbst ihm das Schönreden schwer fallen dürfte, ändert nichts am Fakt: Er hat den Einmarsch befohlen, er kann den Abmarsch befehlen. und sofort müsste kein russischer Soldat mehr an der Front sterben. Nicht mal durch deutsche Panzer. Man kann die Waffenlieferungen kritisch sehen und Pazifisten müssen Waffenlieferungen kritisch sehen. Aber bitte auf Grundlage der tatsächlichen Verhältnisse. Und die besagen: Es sterben Russen und Ukrainer zu tausenden und täglich – aus einem einzigen Grund: Weil Russland die Ukraine überfallen hat. Es ist Russland, das derzeit seine alte Kriegstradition aufgreift und so lange Soldaten ins Feuer schickt, bis der Gegner keine Munition mehr hat. Sie könnten sofort damit aufhören. Es ist geradezu zynisch, in diesem Punkt die Verhältnisse umzudrehen. Dass Russen an der Front sterben, liegt ausschließlich in der Verantwortung Russlands. Zu behaupten, daran sei irgendjemand anderes als die russische Führung Schuld, betreibt die Rechtfertigung eines Krieges und mithin: Kriegspropaganda.

Perspektiven

Am 1. August 1914 sei es zu spät für pazifistische Propaganda gewesen, heißt im obigen Tucholsky-Zitat. Das gilt natürlich auch für den 1. September 1939 und für den 24. Februar 2022 und jedes beliebige andere Kriegsbeginnsdatum. Übrigens geht das Zitat weiter:

war es zu spät, militaristische zu treiben – tatsächlich ist auch damals von den Militaristen nur geerntet worden, was sie zweihundert Jahre vorher gesät haben. Wir müssen säen.10

Nun haben die Pazifisten nicht – oder zumindest nicht genug – gesät. Dennoch gilt es aber, weiter nach Alternativen zu suchen. Pazifismus hat derzeit keinen guten Klang, wie auch Heribert Prantl erst jüngst anprangerte. Auch Prantl benennt in seinem Kommentar das Dilemma des Pazifismus im Krieg:

Wenn der Krieg beginnt, sind die entscheidenden Fehler zumeist schon gemacht worden. Der Pazifismus ist daher der große und wichtige Widerspruch gegen den Krieg, er ist die radikale Anklage gegen den alten Spruch, dass der, der den Frieden will, den Krieg vorbereiten müsse. Es ist genau anders: Wer den Frieden will, muss den Frieden suchen – nicht erst im Krieg, sondern lange vorher, bevor er zu köcheln und zu kochen beginnt.11

Nun ist er aber da, der Krieg. Und hämisch werden die Pazifisten gefragt: Na, wohin denn nun mit euren Blümchen und Protestsongs? Helfen die gegen russische Bomben?

Nein, helfen die nicht. Und es sei als Exkurs an dieser Stelle erwähnt: Natürlich müssen wir nach diesem Jahrhundert der Völkermorde, in denen Verbrechen in Dimensionen begangen wurden, die mit militärischer Kriegsführung nichts mehr zu tun haben, anders über Waffeneinsatz reden. Es ist – dies ist eine bittere Erkenntnis – manchmal tatsächlich nur noch mit Waffengewalt zu antworten, weil alles andere noch schlimmer wäre.

Nur: Als Antwort auf Krieg nur Aufrüstung und Kriegsbereitschaft bereitzuhalten, ist Werbung für den nächsten Krieg, mithin: Kriegspropaganda. Hier gilt es entschieden und deutlich gegenzuhalten. Wir brauchen Ideen, wie wir die Zeit nach dem Ukraine-Krieg so gestalten, dass nicht doch noch der nächste Weltenbrand ausbricht. Und die müssen hörbar und wirksam gemacht werden. Die bisherige Strategie: Wir binden Russland ein, wenn wir ihre guten Gas-Kunden sind, werden die schon nichts tun und der Wladimir redet halt nur, der meint das alles gar nicht so – ist gescheitert. Der Wladimir meint das genau so und China hat auch schöne Pipelines. Diese Ideen gibt es, macht sie groß, macht sie laut.

Dann: Dieser Krieg ist zu beenden. Das wird aber nicht funktionieren, indem nach schon gescheiterten Formaten gerufen wird (Minsker Abkommen, erinnert sich noch wer?) Mit Putin wurde selbst nach der Invasion auf die Krim verhandelt und er hat auch dieses Vertragswerk mit Füßen getreten. Ich kann in keinster Weise erkennen, dass mit Putin zu verhandeln ist. Er kann nur gezwungen werden. Militärisch wird er nach Lage der Dinge kaum gezwungen werden können – er mobilisiert einfach so lange Soldaten, bis der Ukraine die eigenen Soldaten oder die Munition ausgeht. Diese menschenverachtende Ausblutungsstrategie ist in der russischen und sowjetischen Militärtradition nicht neu – und wenn wir bedenken, in welch hohen Tönen Putin von den militärischen Glanztaten der Roten Armee im Großen Vaterländischen Krieg spricht, stellt das für ihn auch kein moralisches oder sonstiges Problem dar. Es gibt also nur wenige Möglichkeiten: Entweder es greifen weitere Mächte direkt ein – was höchstwahrscheinlich den letzten Weltkrieg auslösen wird. Oder die Ukraine wird irgendwann zur Aufgabe gezwungen und Teil des allseligen Russischen Reiches. Mit unabsehbaren Folgen für die Weltordnung als Ganzer und mit dem wahrscheinlichen Ende der Selbstständigkeit Taiwans. Krieg ist immer eine Lose-Lose-Situation. Ein nicht-militärisches Ende wäre wohl nur zu erwarten, wenn es für mindestens Indien und China im eigenen Interesse sein wird, dass Russland den Krieg beendet. Derzeit profitieren sie aber zu sehr davon (nebenbei, in Sachen Lose-Lose-Situation: Russland hat sich mit diesem Krieg endgültig in die zweite Reihe verabschiedet – das Land ist ganz nützlich als Rohstoff-Lieferant und Absatzmarkt (Nordkorea z.B. wird gerade seine irrsinnige Überproduktion an Militärgütern los, der Iran auch) – aber eine erste Rolle wird es nicht mehr spielen können, denn es hängt jetzt am chinesischen Tropf).

Eine der prägendsten Filmmomente meiner frühen Jugend war eine Szene im bestenfalls mittelmäßigen Film American Shaolin. Nachdem der Protagonist mühsam gelernt hat, dass Kampf kein Mittel der Auseinandersetzung ist, sieht er seinen alten Mobber wieder, der im Ring einen Mitschüler quält und den Protagonisten auffordert, gegen ihn zu kämpfen, erst dann würde er vom Gepeinigten ablassen. Und hier erhält unser Protagonist eine Lehre: Manchen Menschen muss man eine Lektion erteilen, sonst hören sie nie auf. Worauf er in den Ring steigt.

Mich hat das geprägt, weil es nicht nur auf individueller Ebene, sondern eben auch auf staatlicher Ebene immer wieder vorkommt, dass jemand durch keine Regel einzuhegen ist. Dem alles egal ist und der immer wieder kommen wird. Der immer wieder zuschlägt, bis er selbst zu Boden geht – und nichts anderes kann ihn stoppen.

Was macht man mit so jemandem? Wie geht man mit so einem Staat um? Ich weiß es nicht, aber ich bin sicher: Es gibt Menschen, die das wissen. Und die will ich hören. Die sollen in den Talkshows sitzen und nicht irgendwelche Menschen, die Kriegspopaganda nacherzählen. Denen müssen die Schlagzeilen gehören.

Heute aber, das bringt der Kalender so mit sich, gehören die Schlagzeilen denen, die das Wort Frieden gekapert und zutiefst korrumpiert haben und damit nicht den Frieden, sondern die Grabesstille der Diktatur meinen.

Zum Ausgang noch diese Worte des Hausheiligen dieses Blogs, Dr. iur. Kurt Tucholsky:

Die stupide Anschauung Ernst Jüngers, Kampf sei das Primäre, das Eigentliche, wofür allein zu leben sich verlohne, steht auf ähnlichem Niveau wie die eines falschen Friedensfreundes, der jeden Kampf verabscheut und für Kamillentee optiert. Weder ewiger Kampf ist erstrebenswert noch ewige Friedfertigkeit. Nur Krieg . . . das ist eine der dümmsten Formen des Kampfes, weil er von einer recht unvollkommenen Institution und für sie geführt wird.12

  1. Kurt Tucholsky als Ignaz Wrobel: Über wirkungsvollen Pazifismus. erschienen in: Die Weltbühne, 11.10.1927, Nr. 41, S. 555. online verfügbar bei zeno.org ↩︎
  2. ebda. ↩︎
  3. Dieser Begriff birgt einige Komplikationen. Zum einen ist der Krieg natürlich nicht wie eine Tsunami-Welle über den Kontinent geschwappt, sondern hat ganz klare und definierbare Ursachen. Zum anderen ist er durchaus eurozentristisch. Bei allen Auswirkungen, die der 1. Weltkrieg ohne Zweifel global hatte – dieses Schlagwort lässt sich so aber doch nur in einem relativ eng definierten Bereich aufrecht erhalten. Ich verwende ihn hier trotzdem, weil er aus einer Perspektive, die mir an dieser Stelle wichtig ist, treffend sein dürfte: Das Ausmaß der Verheerungen politisch, psychologisch, materiell war für die Masse der europäischen Bevölkerung kaum anders als katastrophal zu nennen. Es ist meiner Meinung nach denn auch kein Zufall, dass es gerade in Deutschland starken Zulauf zu pazifistischen Bewegungen gab. ↩︎
  4. Ganz willkürlich und beispielhaft sei hierzu auf den Aufsatz von Thomas F. Schneider Die Vereinigten Staaten von Europa verwiesen. Zu finden in: King, Ian (Hrsg) »Ein bunt gestrichenes Irrenhaus«. Tucholsky, die Weltbühne und Europa. Leipzig, Weissenfels: Ille & Riemer, 2018 Schriftenreihe der Kurt Tucholsky-Gesellschaft 11), 102–128 ↩︎
  5. Kurt Tucholsky als Ignaz Wrobel: Über wirkungsvollen Pazifismus. erschienen in: Die Weltbühne, 11.10.1927, Nr. 41, S. 555. online verfügbar bei zeno.org ↩︎ ↩︎
  6. ebda. ↩︎
  7. ebda. ↩︎
  8. aus: In Ohnmacht gefallen. in: Günter Grass: Gedichte und Kurzprosa, Teil 1. Steidl Verlag Göttingen 2020. ISBN 978-3-95829-446-2, S. 177 ↩︎
  9. Beispielhaft lasse ich mal dies hier: Jürgen Rose: Kriegstreiber unerwünscht. Rede anlässlich der Münchner Sicherheitskonferenz 2024. in: Mansfeller Zeitung, 19. Februar 2024 https://www.mansfeller-zeitung.de/artikel/2024-02/Proteste-gegen-Muenchner-Sicherheitskonferenz ↩︎
  10. Kurt Tucholsky als Ignaz Wrobel: Über wirkungsvollen Pazifismus. a.a.O. ↩︎
  11. Heribert Prantl: Pazifisten-Shaming führt in die Sackgasse. in: Deutschlandfunk Kultur, Meinung & Debatte, 22.08.2024 https://www.deutschlandfunkkultur.de/pazifisten-krieg-waffenlieferungen-kommentar-100.html ↩︎
  12. aus: Kurt Tucholsky als Peter Panter: Schnipsel. in: Die Weltbühne, 30.12.1930, Nr. 53, S. 999. online verfügbar unter http://www.zeno.org/nid/2000581880X ↩︎

Leipzig liest: Tucholsky über wirkungsvollen Pazifismus

»Fragen werden ja von der Menschheit nicht gelöst, sondern liegen gelassen.« schreibt Kurt Tucholsky in »Gruß nach vorn« 1926.

Das ist meiner Meinung nach auch der Grund, warum uns so viele Texte aus früheren Zeiten so aktuell erscheinen. Sie sind es. Freilich nicht unbedingt, weil die Autor:innen so hellsichtig und prophetisch waren, sondern weil die Menschheit in entscheidenden Fragen einfach nicht vom Fleck kommt.

Und so mag es sinnvoll erscheinen, einmal nachzusehen, ob wir vom Antimilitaristen und Pazifisten Kurt Tucholsky für die heutige Zeit Impulse erhalten können.

Unter dem Motto »Der Krieg ist aber unter allen Umständen tief unsittlich.« stellt die Lesung aus dem Sammelband »Die Zeit schreit nach Satire« den Antimilitaristen Tucholsky in den Mittelpunkt – und weil das ein riesiger Bereich seines Schaffens darstellt, steht dabei seine Suche nach wirkungsvollem Pazifismus besonders im Fokus.

Nach der Ur-Katastrophe des 20. Jahrhunderts, als noch niemand wusste, dass wir Weltkriege dereinst zählen würden – etliche es aber ahnten – etablierte sich auch in Deutschland eine wachsende Pazifismusbewegung.

Diese gesellschaftliche Bewegung stellte sich mit der zentralen Forderung »Nie wieder Krieg!« dem tief verankerten Militarismus entgegen. Trotz teils beeindruckender Großveranstaltungen gelang es aber nie, nachhaltig in die ganze Gesellschaft hineinzuwirken.

Die Suche nach einem wirkungsvollen Pazifismus prägte Tucholskys umfangreiches antimilitaristisches Werk. Die Lesung stellt einige seiner Texte dazu vor.

Die Pazifismusbewegung der Weimarer Republik scheiterte. Ahistorische Vergleich verbieten sich – wir müssen nach dem 2. Weltkrieg anders über militärische Interventionen reden.

Aber vielleicht können Tucholskys Texte dennoch dazu anregen, über wirkungsvollen Pazifismus heute nachzudenken. Damit wir die Weltkriege nicht weiter hochzählen müssen.

Details zur Veranstaltung bei Leipzig liest.