Gachmurets zweite Kulturwoche: Radio

Radio: Japan-A-Radio

Es gibt Tage, da schalte ich einen ganzen Tag lang obigen Radiosender ein. Bevorzugt, wenn es Dinge zu räumen (zum Beispiel endlich mal die Belletristik nach dem Umzug wieder alphabetisiert werden soll) oder zu packen (für eine längere Reise, zum Beispiel) gilt oder der Frühjahrsputz ansteht.
Die japanische Kultur ist in höchstem Maße hybrid. Ob Schrift (chinesische Schriftzeichen), Religion (Buddhismus), oder HighTech – stets schien das Credo zu gelten: “Oh, feine Sache – aber das können wir noch besser machen.”
Und dieses Prinzip gilt auch für japanische Popmusik. Nicht zuletzt durch die US-amerikanischen Militärbasen und insbesondere deren Insassen kam die japanische Kultur mit westlicher Unterhaltungsmusik in Berührung. Und dachte sich: “Feine Sache das, aber das können wir noch besser machen.” Das Phänomen, das dabei entstand, betiteln die üblichen Genre-Etiketten-Verteiler als J-Pop. Vereint sind dabei Elemente westlicher Musik (und zwar keineswegs nur hierzulande als U-Musik bezeichneter Werke), insbesondere Rhythmus und Instrumentierung, und fernöstliche Musiktraditionen.
Die Ergebnisse, die das zeitigt, sind vielfältig in Qualität und Ausdrucksformen, insbesondere, da die japanischen Unterhaltungskünstler auch vor anderen Stilrichtungen westlicher Musik nicht Halt machten. So gibt es eben auch J-Ska, J-Rock etc.
Ein Radiosender, der sich dieser Bandbreite annimmt, ist Japan-A-Radio.
Beim Einschalten sollte allerdings bedacht werden, daß Japan in einer Zeitzone liegt, die der unseren ca. 8 Stunden voraus ist. Das macht sich in der Musikauswahl bemerkbar. Abends um sieben gibt es also durchaus mal eher bombastisch-getragenes zu hören, weil dann selbst in Japan mal Ruhezeit ist, schon zwei Stunden später geht es dann aber gerne mal mit erheblich erhöhter Beatzahl zur Sache, weil es gilt, aufzustehen. Tagsüber ist das aber ansonsten kein größeres Problem und man kann prima zuhören. Im Windows-Media-Player zeigt der Stream auch die gespielten Titel an, bei itunes hat er das, zumindest bei mir, nicht.
Um das eine oder andere noch einmal zu verdeutlichen, hier ein paar Musikbeispiele.

Den Anfang macht eine Künstlerin, die, nachdem sie in Fernost bereits höchst etabliert ist, zur Zeit sehr stark in den USA vermarktet wird. Warum, sollte erkennbar sein:

Doch es geht auch anders. Utada Hikaru ist eine meine ausgesprochenen Lieblingskünstlerinnen, und zwar ganz allgemein gesprochen. Ihr Album “Deep River” werde ich vielleicht gelegentlich noch einmal gesondert vorstellen. Für heute soll dieses Beispiel genügen:

Doch natürlich gibt es auch in Japan Casting-Shows. Allerdings finde ich die Ergebnisse sehr viel amüsanter als die hiesigen. Diese schräge, schrille, durchaus ausgeflippte Musik finde ich höchst erfrischend. Allerdings sei die geneigte Leserschaft gewarnt: Die meisten Menschen dürften es eher enervierend finde. Aber es gibt ja Stopp-Tasten:

(Dieses Video sah ich übrigens zum ersten Mal auf der Leipziger Buchmesse)

Natürlich gibt es auch ruhigere Töne, hier mal ein Beispiel von Ayumi Hamasaki, das problemlos auch in hiesigen Radiostationen laufen könnte:

Es wird Zeit, mal eine etwas andere Note hereinzubringen. Die folgende Band läßt sich unter J-Ska einsortieren. Und klingt großartig.

Yum!Yum!Orange lohnen eine intensivere Beschäftigung, die machen nämlich Riesenspaß:

Wer annahm, Streetpunk sei tot, kennt die umfangreiche japanische RockSzene nicht. Auch wenn die japanischen Spielarten Puristen wohl eher nicht zusagen werden, denn, wie gesagt, die japanische Kultur ist höchst hybrid. Hier mal die Band B-Dash:

Breiten Raum im J-Pop nehmen natürlich Filmmusiken ein. Und die klingen nicht selten so:

(also im Wesentlichen: Nett. Oder, um mal wieder mit dem Hitchhikers Guide zu sprechen: Größtenteils harmlos.)

In Japan wird über alles und jeden gesungen. Es gibt Lieder über Milch, Fisch und natürlich auch zum Kochen. Wer tapfer ist und kein Problem mit extremer Niedlichkeit hat, kann sich gerne mal an diesem Kulturschock versuchen:

UPDATE: 28.03.2010: Leider finde ich keine vollständige Version mehr auf youtube, mußte das Video daher durch eine gekürzte Variante ersetzen. Aber ich denke, man bekommt auch so eine Vorstellung davon. 😉
Durchgehalten? Prima. Dann zum Abschluß noch ein Schmankerl, bei dem nun endgültig Grenzen überschritten werden. Hier vom J-Ska zum (Latin-)Jazz:

Wer mit all dem nichts anfangen kann, dessen Musikgeschmack ist vielleicht nicht passend zur heute vorgestellten Radiostation. Sollte dem ein oder anderen in der geneigten Leserschaft etwas gefallen haben – tune in. Es gilt, einen Musikkosmos zu entdecken. 😉

Gachmurets Kulturwoche: Radiosendung

Zum Abschluß der ersten Kulturwoche stelle ich euch heute eine Radiosendung vor, der ich mehr oder weniger regelmäßig seit 17 Jahren zuhöre. Ihre Absetzung bei mdr-Sputnik führte zu einem bis heute dauernden Boykott meines die Adoleszenz bestimmenden Radiosenders (mein erstes Radio bekam ich 1988, damals hießen die noch DT64, ich folgte dem Sender auch in die Emigration auf Mittelwelle und Satellit – übrigens haben die in dieser Nische ein sensationelles Programm gemacht, das bis heute seinesgleichen sucht) und der Aufkündigung meiner immerhin nur dreistelligen Club-Mitgliedsnummer. Es geht also heute um eine Herzensangelegenheit.

Radiosendung: Pops tönende Wunderwelt

Pops tönende Wunderwelt ist eine Radiosendung, die in unverändertem Konzept bereits seit 1987 zu hören ist.
Gestartet auf Radio Bremen, hatte sie ihre Hochzeit in Sachen Verbreitung um die Jahrtausendwende, als auch Hörer des Funkhaus Europa, von Radio Multikulti, mdr-sputnik und sogar Radio 3fach Luzern dem „geschwätzigen Moderator“ als „geneigte Hörerschaft“ huldigen durften.
Es handelt sich bei Pops tönende Wunderwelt um eine zweistündige Sendung, deren Aufbau immer gleich ist: In der ersten Stunde pseudophilosophiert Joachim Deicke über die hiesige Welt und ihre Absurditäten ebenso wie über die Erlebnisse Paul E. Pops und seiner Gefährten. Nicht selten kommt dabei die geneigte Hörerschaft über Briefeinsendungen ebenfalls zu Wort oder liefert die entscheidenden Anstöße. Alles in allem steht dabei Einfallsreichtum durchaus über allgemeiner Akzeptanz, was im Übrigen auch für die Musikauswahl gilt, hier gibt es eigentlich immer etwas zu entdecken.
In der zweiten Stunde wird die großartige Musikauswahl dann vom jeweils aktuellen Abenteuer des „Mannes aus dem Jenseits“ unterbrochen. Dies spielt sich in einer durchaus eigenen Weltkonstruktion ab, für deren Verständnis man nur wissen sollte, daß die verschiedenen Parallelwelten, die es in den unterschiedlichsten Raum-Zeit-Konstellationen gibt, durch die sogenannte „Globale Rutschbahn“, zu der es auf der Erde, wie wir sie kennen, etliche versteckte Eingänge gibt, miteinander verbunden sind. Das Wissen über sowie das korrekte Funktionieren der Globalen Rutschbahn wird von der „Auriga-Gruppe“, einer verständlicherweise exklusiven Gemeinschaft, bewacht.
Mit diesem Wissen im Hintergrund kann man jederzeit in jede Geschichte einsteigen, insbesondere, da der erste Textblock der zweiten Stunde immer einer kurzen Zusammenfassung gewidmet ist.
Kurz:
Man braucht eine Schwäche fürs Abwegige, Außergewöhnliche, eine gewisse Offenheit, sich von eigenen Vorlieben auch mal wegführen zu lassen – aber dann macht es eine große Freude, zuzuhören.

Sendetermin: jeden Sonntag 22:05 bis 24:00 auf Radio Bremen Eins (auch per Livestream)
(fast) alle Sendungen seit 1987 zum Nachvollziehen gibt es hier
Die offizielle Homepage findet sich hier
Außerdem existiert ein Webring mit Fanseiten