Das Buch zum Sonntag (100)

Für die heute beginnende Woche empfehle ich der geneigten Leserschaft zur Lektüre:

Wolfram von Eschenbach: Parzival

Von meiner Schwäche für Epen war hier gelegentlich ja bereits die Rede. Der Parzival ist mir das bisher liebste.
Es gäbe zur literaturhistorischen Ausnahmestellung des Parzival, insbesondere aber seines Autors, gäbe es viel zu sagen. Und wird es auch. Vieles, was Wolfram verhandelt, ist in seinem Kontext höchst spannend und anspielungsreich und nur zu verstehen, wenn man über einen entsprechenden Kenntnisstand verfügt oder aber es sich erklären läßt – so wie es zum Beispiel Peter Wapnewski in seiner unvergleichlichen Lesung macht. Wäre dies allerdings das einzige, was zum Parzival zu sagen wäre, so wäre dieses Werk in mediävistischen Zirkeln am besten aufgehoben und bräuchte außerhalb derselben niemanden zu tangieren.
Allein, ich bin der festen Überzeugung, daß es auch einen voraussetzungsfreien Zugang zu diesem Epos gibt und ein ebensolcher Lesegenuß sich einzustellen vermag, ganz ohne historische oder germanistische Seminare zu belegen. Nur dann nämlich macht Literatur, Kunst überhaupt, in meinen Augen Sinn: Wenn ich sie voraussetzungslos begreifen und genießen kann. Wobei das so natürlich nicht stimmt, denn Voraussetzungen bringt ein jeder mit, seien sie nun kulturell geprägt oder sonstwie angelernt – ein Neo Rauch sieht ein Bild ganz anders als ich und ein Abraham-a-Sancta-Clara-Forscher wird dessen Werke völlig anders lesen als ich das tun würde und dabei durchaus einen Lesegenuß entwickeln, wo ich nur rätselnd verzweifle. Aber ehe ich mich jetzt in theoretische Überlegungen verrenne, denen ich nicht gewachsen bin, kommen wir doch lieber zum Buch. Weiterlesen “Das Buch zum Sonntag (100)”